Abschließendes Ermittlungsergebnis

Abschließendes Ermittlungsergebnis Pressekonferenz im Fall der 71 toten Flüchtlinge auf der A4Am 27. August 2015, gegen 10:50 Uhr wollten Beamte der Autobahnpolizeiinspektion Potzneusiedl auf der Autobahn A4, Fahrtrichtung Wien, Gemeindegebiet von Parndorf, in einer Pannenbucht einen abgestellten LKW kontrollieren. Die Polizisten öffneten den Laderaum und entdeckten darin eine vorerst unbekannte Anzahl an Leichen. Beamte der Tatortgruppe des Landeskriminalamtes Burgenland (unterstützt von Kollegen aus NÖ) führten die Spurensicherung am unmittelbaren Tatort durch. Um Rückschlüsse auf den Lenker ziehen zu können, wurde das Hauptaugenmerk auf die Fahrerkabine gelegt, die auf kriminaltechnisch verwertbare Spuren untersucht wurde. In diesem Zusammenhang wurden Fingerabdruckspuren und DNA-Spuren gesichert. Auch der Außenbereich wurde kriminaltechnisch untersucht. Aufgrund der Kontamination im Laderaum war in diesem eine zielführende Untersuchung nicht möglich.Über Anordnung der Staatsanwaltschaft wurde der LKW in weiterer Folge zur ehemaligen veterinärmedizinischen Halle in Nickelsdorf gebracht, wo für die weiteren Maßnahmen zur Feststellung der Anzahl und Identität der Leichname eine Kühlmöglichkeit gegeben war. Nachdem die leblosen Körper ausgeladen und jeder einzelne Schritt fotografisch dokumentiert wurde, stand die Zahl mit 71 Leichen fest.Über Anordnung der Staatsanwaltschaft wurden die Opfer unter Beiziehung der Bestattung Wien in das Department für Gerichtsmedizin nach Wien gebracht. Dort wurden die Obduktionen vorgenommen. Dem technischen Gutachten des Sachverständigen war zu entnehmen, dass der Aufbau des LKW-Laderaumes luftdicht war und es von außen zu keiner Luftzufuhr kam. Da es sich um einen Kühl-LKW handelte, war dieser durch die Anbringung von Gummidichtungen und Silikonverdichtungen luftdicht gemacht worden. Laut Sachverständigen stand für diese Anzahl an Personen für etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde ausreichend Sauerstoff zur Verfügung. Der Gerichtsmediziner vermutete, dass es vermutlich bis zu drei Stunden dauern hätte können, bis die letzte Person erstickt war. Er führte dies darauf zurück, dass die bereits Verstorbenen keinen Sauerstoff mehr benötigten und somit mehr für noch Lebende zur Verfügung stand.Am darauffolgenden Tag wurde zwecks Identitätsfeststellung der Opfer bei der LPD Burgenland ein DVI (Desaster Victim Identification) Team mit Kräften aus dem Burgenland, Niederösterreich, Wien, Oberösterreich, Salzburg, Kärnten u Vorarlberg einberufen. Es wurden drei Pathologen und sechs Odontologen hinzugezogen. Im Zeitraum vom 27. August bis 3. September 2015 waren insgesamt 35 Tatortspezialisten mit dieser Causa betraut. Ab dem 29. August waren 12 Beamte ausschließlich mit der Identifizierung der Leichen befasst. Am selben Tag wurde beim Landeskriminalamt Burgenland eine Hotline und Email-Postfach eingerichtet, wo Hinweise aus der Bevölkerung und von Angehörigen entgegengenommen und bearbeitet wurden.Erhebungen von Beamten des Landeskriminalamtes in enger Kooperation mit dem Bundeskriminalamt Wien und den ungarischen Polizeibehörden führten rasch zu Festnahmen von fünf Verdächtigen. Nach der Obduktion der Leichen wurden die weitere Verwaltung, Übergabe, Überstellung usw. von der Bestattung Wien übernommen. Die Sterbeurkunden wurden im Gemeindeamt Nickelsdorf ausgestellt.Identifizierungen:Derzeit wurden 69 Leichen eindeutig identifiziert. Die Sterbeurkunden wurden ausgestellt.Bei einem Verstorbenen ist die Staatsangehörigkeit (Iran) bekannt. Man erwartet jedoch noch zwecks endgültiger Feststellung der Identität Vergleichsmaterial aus dem Iran.Im Fall des 71. Leichnams gelangten die Ermittler zu keinerlei Hinweisen die Identität betreffend. Staatsangehörigkeiten: 21 aus Afghanistan.29 aus dem Irak. 5 aus dem Iran. 15 aus Syrien.1 Person nicht identifiziert.Identifizierung – Vorgehensweise: In 21 Fällen durch Daktyloskopie (Abnahme von Fingerabdrücken)44 Opfer wurden mittels DNA identifiziert.4 Opfer über die sogenannte zweite Linie durch Ermittlungen wie Tattoos oder unveränderliche körperliche Merkmale.Bei einer Person werden die persönlichen Daten inklusive Vergleichsmaterial erwartet.Zu einer Person gibt es keinerlei Hinweise. Durch einen afghanischen und 2 kurdische Nachrichtensender (Irak+Syrien) wurden mehrere Öffentlichkeitsaufrufe durchgeführt.Die erhebenden Beamten nahmen in 56 Fällen persönlichen Kontakt mit Angehörigen oder deren Bevollmächtigten auf.• Die Rückführung von irakischen Staatsangehörigen wurde unter anderem von der Botschaft in Wien teilweise organisiert und auch bezahlt.• Mitglieder der kurdischen Ethnie wurden durch die Vertretungsbehörde des kurdischen Regionalparlamentes in Wien überführt und auch die Kosten dafür wurden übernommen, unabhängig davon welche Staatsangehörigkeit die Kurden hatten (Syrien oder Irak).• Die afghanische Botschaft unterstützte die Hinterbliebenen, Kosten wurden keine übernommen. In diesen Fällen engagierten sich mehrere afghanische Kulturvereine. Durch Sammlungen konnten Kosten gedeckt werden, um einen Großteil der Leichname rückführen zu können.• Die iranische Botschaft organisierte die Rückführungen der iranischen Staatsangehörigen.• 15 Personen wurden im islamischen Teil des Zentralfriedhofes Wien begraben, hier erfolgte die Unterstützung durch die Islamische Glaubensgemeinschaft Wien.Derzeit befinden sich noch fünf Opfer in der Leichenaufbewahrung. Diese werden in den nächsten Tagen ausgeflogen oder zu Grabe getragen.Rückfragen:Gerald Koller, GrInspPressesprecherLandespolizeidirektion BurgenlandBüro (L 1) Öffentlichkeitsarbeit und interner BetriebNeusiedler Straße 84, A-7000 EisenstadtTel: +43 (0) 59133 10 1108Mobil: +43 (0) 664 856 29 96 gerald.koller@polizei.gv.atwww.polizei.gv.atPresseaussendung vom 26.11.2015, 11:39 UhrReaktionen bitte an die LPD Burgenlandzurück

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