Demenzfreundliche Dienststellen

Die Krankheit Demenz wird in Zukunft immer mehr Menschen betreffen. Häufig sind Polizisten die ersten Ansprechpartner, wenn es beispielsweise darum geht, eine abgängige demente Person wiederzufinden oder Betroffenen in einer unangenehmen Situation weiterzuhelfen. Um die Beamten optimal auf die damit verbundenen Herausforderungen vorzubereiten, gibt es seit 2016 das Konzept der „demenzfreundlichen Dienststelle.“Eine „demenzfreundliche Dienststelle“ zeichnet sich durch drei Merkmale aus: Zum Einen müssen 70% der Belegschaft das Online-Schulungsmodul „Einsatz Demenz“, das in Zusammenarbeit mit der Donau-Universität Krems und der MAS Alzheimerhilfe entwickelt wurde, erfolgreich absolviert haben. In diesem Modul werden Wissensgrundlagen zur Krankheit Demenz und zum Verhalten von dementen Personen vermittelt. Anschließend muss sich mindestens ein Kollege oder eine Kollegin als Ansprechpartner für Demenzkranke und deren Angehörige zur Verfügung stellen. Darüber hinaus muss die Dienststelle gut mit sozialen Einrichtungen, Ärzten und Apothekern in ihrer Umgebung vernetzt sein.Derzeit sind 60 Dienststellen in Wien „demenzfreundlich.“ Auf lange Sicht sollen es alle Polizeiinspektionen in Wien werden. Abteilungsinspektor Michael Gobold, Sicherheitskoordinator der Initiative „Gemeinsam Sicher“ für Liesing, ist sichtlich stolz, dass dies für die Polizeiinspektionen des 23. Bezirks bereits erreicht werden konnte.Die Ausbildung ist, vor allem durch die Kombination von theoretischen und praktischen Inhalten, sehr gut und nennt den Polizisten konkrete Handlungsmöglichkeiten im Alltag. Als Beispiel für die gute Umsetzbarkeit im Alltag schildert er eine von ihm selbst erlebte Situation: Der Vorgesetzte von Abteilungsinspektor Gobold wurde bei einem Kontrollgang auf der Straße auf eine unangenehme Situation aufmerksam. Ein Verkäufer eines Supermarktes stritt sich mit einer älteren Dame, die offenbar die von ihr mitgenommenen Waren nicht bezahlt hatte. Die Dame wirkte verwirrt und es stellte sich heraus, dass sie bereits öfter Waren in ihrem Rucksack einfach mitgenommen hatte und deshalb ein Hausverbot in dem Supermarkt für sie ausgesprochen wurde. Zusammen mit Kollegen konnte der Vorgesetzte den Streit schlichten, die Lebenssituation der Dame klären und dem Verkäufer die Krankheit Demenz erklären. Das Hausverbot im Supermarkt wurde damit aufgehoben und die Dame erhält seither Unterstützung beim Einkauf.Schon schwieriger sind dagegen häufig Abgängigkeitsfälle zu klären. So nennt Abteilungsinspektor Gobold einen Fall, in dem ein demenzkranker Mann mit dem Auto aus einem anderen Bundesland bis nach Wien fuhr und einen weiteren, in dem ein Abgängiger von Wien aus sogar mit dem Zug bis in ein Nachbarland fuhr. Für die Angehörigen oder Pfleger von Demenzkranken empfiehlt Abteilungsinspektor Gobold für einen solchen Fall, das präventive Formular für eine Vermisstenanzeige des Bundeskriminalamtes herunterzuladen und auszufüllen (siehe weiterführende Links am Ende des Artikels). Bewährt haben sich zudem Tipps wie das Beschriften von Wäsche des Erkrankten mit Kontaktdaten oder das Ausstatten von Erkrankten mit Mobiltelefonen.Abteilungsinspektor Gobold war zu den Inhalten des Projektes bereits in der TV-Sendung „Report“, auf Ö1 und selbst im französischen Radio zu hören, was für die große Reichweite des Projektes und das große Interesse daran spricht. Die Initiative ist zudem für die Vergabe der SozialMarie 2018 nominiert, einem der bekanntesten Preise für soziale Projekte in Österreich.

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