Ganz besondere Kollegen

Welches Kind der 90er-Jahre kennt nicht Kommissar Rex, die wohl beliebteste Spürnase Wiens? Doch was machen eigentlich seine realen Kollegen? Sie gehören zur Polizeidiensthundeeinheit. Wie diese aufgebaut ist und welchen Aufgabenbereich sie hat erklärt uns der Leiter der Einheit, Oberstleutnant Rudolf König, B.A.Die Dienststelle der Sondereinheit der Polizeidiensthunde Wien liegt etwas abseits der übrigen Einheiten in einer Grünanlage. Ideal für die vierbeinigen Kollegen, die hier täglich für den Ernstfall trainieren oder von hier aus auf Streife oder zu einem Einsatz mitfahren. Und über zu wenig Arbeit können sich die knapp hundert Hunde und ihre Hundeführer wahrlich nicht beklagen. Denn die Polizeidiensthundeeinheit ist eine operative Einheit, die bei Bedarf im gesamten österreichischen Bundesgebiet eingesetzt werden darf. So sucht beispielsweise gerade im Moment des Interviews mit Oberstleutnant König ein Leichenspürhund zusammen mit einem „Kollegen“ aus der Steiermark nach Leichenteilen im Gebiet des Neusiedler Sees im Burgenland. Aber auch in Wien selbst gibt es natürlich genügend zu tun, um die menschlichen Kollegen bei Einsätzen und im täglichen Streifendienst ausreichend zu unterstützen. Die Hunde verteidigen beispielsweise ihren Hundeführer, schnappen Einbrecher oder erschnüffeln Drogen.Um die Hunde darauf optimal vorzubereiten, dauert die Grundausbildung, die österreichweit durch das Bundesausbildungszentrum des Bundesministeriums für Inneres organisiert wird, eineinhalb Jahre und besteht aus mehreren Modulen. Die Hunde werden dabei zum Schutz- und Stöberhund ausgebildet, der Personen und Gegenstände, an denen noch menschlicher Geruch haftet, wie beispielsweise Tatwaffen oder Diebesbeute, erschnüffeln und Angriffe auf ihren Hundeführer abwehren oder die Flucht einer Person mit oder ohne Maulkorb abwehren. Zudem müssen die Tiere mehrmals einen Flug mit dem Hubschrauber absolvieren, bei dem sie im echten Einsatz natürlich ebenfalls nicht die Nerven verlieren dürfen. Das Alter, in dem der Hund seinem künftigen Herrn übergeben wird, variiert je nach der Erfahrung des Diensthundeführers. Ist der Polizist bereits ein erfahrener Hundeführer, erhält er, sobald sein alter Hund neun Jahre alt ist, einen neun Wochen alten Welpen, mit dem er die Ausbildung und das Training erneut beginnt. Ist der Hundeführer selbst noch neu, erhält er einen zweijährigen Diensthund, mit dem er eine sechs- bis neunmonatige Ausbildung absolviert. Anschließend können der Hund und sein Führer im Streifendienst verwendet, zu Einsätzen gerufen oder bei Großveranstaltungen wie etwa Fußballmatches eingesetzt werden.Aber natürlich muss nicht nur der Hund, sondern auch sein Herrchen einige Voraussetzungen für die Aufnahme in die Polizeidiensthundeeinheit erfüllen. So muss ein potenzieller Hundeführer Erfahrungen aus mindestens zwei Jahren Streifendienst mitbringen und einen körperlichen und psychologischen Eignungstest absolvieren. Darüber hinaus muss der Hund gut in das soziale Umfeld seines Halters integrierbar sein. Denn natürlich kann der Hund nach dem Arbeitstag nicht wie eine Dienstwaffe im Waffenschrank eingesperrt werden, sondern muss in einem passenden Zuhause auch in der Freizeit vom Halter versorgt werden. Dazu muss auch die Wohnung des Halters groß genug sein, damit der Hund zwischendurch einen Rückzugsort hat, an dem er sich in Ruhe entspannen kann. Um sicherzugehen, dass dies auch nach dem Erhalt des Tieres der Fall ist, und nicht etwa der Hund im Kinderzimmer übernachten muss, gibt es immer wieder Kontrollen durch die Leitung der Polizeidiensthundeeinheit in der Wohnung des Halters. Da das Tier trotzdem Eigentum der Republik Österreich ist, werden dem Hundehalter im Gegenzug alle anfallenden Kosten für ihn ersetzt. So erhält der Hundeführer einen monatlichen Fixbetrag für die Futterkosten und sämtliche Tierarztkosten werden vom Bundesministerium für Inneres übernommen.Je nach Willen und Eignung des Hundes und seines Halters kann an die Grundausbildung des Tieres noch eine Spezialausbildung angeknüpft werden. Die häufigsten „Spezialisten“ sind derzeit Drogenhunde, gefolgt von Sprengstoffspürhunden, Brandmittelspürhunden, Leichen- und Blutspürhunden, Spürhunden für Spezialfährten und Spürhunden für Banknoten und Dokumente. Spürhunde für Banknoten und Dokumente sind auf den speziellen Geruch des Papiers und der Farbe von Geldscheinen oder Pässen trainiert. Sie können nicht nur etwa die auf der Flucht verlorene Beute eines Bankräubers wiederfinden, sondern auch gefälschte Reisepässe erkennen. Diensthunde mit einem speziellen Fährtentraining können, ähnlich Jagdhunden, den Geruch von Menschen auf längere Distanz durch die Bodenverletzungen, die ein Mensch beim Gehen oder Laufen hinterlässt, verfolgen. Ein solcher Hund half etwa seinen menschlichen Kollegen im Sommer 2017 bei der Auffindung eines Täters nach einem Vergewaltigungsversuch auf der Donauinsel oder nach der Messerattacke auf eine Familie in der Praterstraße Anfang März dieses Jahres. Im ersten Fall hatte der Täter einen Gegenstand am Tatort verloren, anhand dessen der Diensthund seinen Geruch identifizieren und die Fährte bis zu einer nahegelegenen U-Bahn-Station verfolgen konnte. Ab dort konnte der Fluchtweg des Täters mittels der Auswertung von Überwachungskameras nachverfolgt werden.Einige Dinge können allerdings selbst hochtrainierte Hunde im Gegensatz zu ihren TV-Kollegen nicht. Sie können beispielsweise niemals einen Täter über mehrere U-Bahn-Stationen hinweg aufspüren oder den Geruch eines Menschen an einem Gegenstand noch Monate nach einer Tat identifizieren. Dies gehört eindeutig in den Bereich der TV-Geschichten. Zudem müssen auch beim Erschnüffeln unmittelbar nach der Tat die Wind- und Wetterverhältnisse mitspielen, damit ein Hund auch wirklich auf die richtige Fährte kommt.Als Rasse für einen Polizeihund wird der holländische Schäferhund bevorzugt. Dieser macht etwa 75% der Hundebestände der österreichischen Polizei aus. Sein Gewicht, seine Größe und seine Beweglichkeit macht aus ihm einen guten „All-Rounder.“ Ihm folgen der deutsche Schäferhund, der Riesenschnauzer und der Rottweiler. Letzterer macht mit lediglich 10 Exemplaren in ganz Österreich den kleinsten Bestand aus. Die spezielle farbige Variante des deutschen Schäferhundes hingegen, zu der auch Kommissar Rex zählt, wurde zwar als erste Polizeihund-Rasse ab dem Anfang des 20. Jahrhunderts noch im Kaiserreich gezüchtet, ist mittlerweile aber so überzüchtet und von gesundheitlichen Mängeln geplagt, dass sie für den Polizeidienst nicht mehr taugt und von Oberstleutnant König nur noch als reine „Schönheitslinie“ bezeichnet wird.Am Ende aber noch zwei gute Nachrichten: Der Name des vierbeinigen Kollegen wird zwar zunächst durch den Züchter bestimmt, der individuelle ist aber am Ende Sache des Polizeidiensthundeführers. Und: Nach 10 bis 11 Dienstjahren darf auch ein Diensthund in die wohlverdiente Pension gehen. Er geht damit automatisch in den Privatbesitz seines Halters über und darf seinen Lebensabend bei seinem Herrchen zu Hause genießen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *